Zum Prozess gegen die PAZ Hernals 6 am 15. März am Landesgericht Wien 

Presseaussendung vom 14. März: Solidaritätskampagne für die PAZ Hernals 6 kritisiert Kriminalisierung  von Widerstand gegen Abschiebungen und fordert Freispruch für die Angeklagten
 
Am 14. September brannte es im Abschiebegefängnis (PAZ) Hernals in Wien. Eine Zelle war in Brand gesetzt worden. Anstatt Kritik an den Bedingungen im Schubhaft und den drohenden Abschiebungen aufzugreifen, präsentieren Staat und Medien die sechs Gefangenen als „Kriminelle.“ Außer acht bleibt die Gewalt, die über das Abschiebesystem auf Menschen ausgeübt wird, die nicht der österreichischen Mehrheitsgesellschaft angehören.
 
Ich habe meinen Ausweis verloren und bin deswegen zur Polizei gegangen. Dann haben sie mir gesagt, ich muss eine halbe Stunde warten. Sie haben mich ins Abschiebegefängnis gebracht. Dort war ich zwei Monate lang“, sagt einer der sechs Angeklagten. Er ist nicht der einzige der Sechs der bereits vor dem Vorfall mehrere Monate lang im Abschiebegefängnis Hernals gefangen war. Jetzt, nach weiteren sechs Monaten in Untersuchungshaft, steht ihnen ab 15. März ein Gerichtsprozess am Landesgericht Wien bevor. 
 

Unmenschliche Schubhaft

 
Menschen sind in Abschiebegefängnissen in ganz Europa isoliert, um ihren Willen zu brechen und sie zu zwingen, wieder 
zu gehen. In den österreichischen Abschiebegefängnissen sind zahlreiche Misshandlungen, gewalttätige und rassistische Übergriffe durch das Personal dokumentiert [1]. Gleichzeitig gibt es Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen. Gefangene setzen ihre Gesundheit oder ihr Leben aufs Spiel, weil der Einsatz ihres Körpers das letzte Mittel bleibt, gegen die Gefangenschaft, die drohende Abschiebung und für ihre Freiheit zu kämpfen, zumeist begleitet von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Trauma.
Wie katastrophal die Bedingungen in Abschiebegefängnissen sind, geht auch aus einer durch das Innenministerium beantworteten parlamentarischen Anfrage hervor [2]. Alarmierend ist insbesondere die Zunahme der versuchten Selbsttötungen: 31 Gefangene des PAZ Hernals haben in den ersten neun Monaten des Jahres 2018 versucht, sich das Leben zu nehmen – ein massiver Anstieg, der darauf hinweist, dass die Bedingungen in Abschiebegefängnissen immer unerträglicher werden. Die sechs Angeklagten scheinen in dieser Statistik gar nicht erst auf – ein Hinweis darauf, dass die vom Innenministerium erfassten Zahlen bei weitem nicht alle Fälle erfassen.
 

Keine Kriminalisierung von Widerstand gegen Abschiebungen

 
Es ist zu erwarten, dass die Gerichtsakteur*innen den Vorfall entpolitisieren und kriminalisieren werden. Dies hat in Österreich Tradition. Diejenigen Geflüchteten, die zum Beispiel 2012 eindrucksvoll gegen Abschiebungen und die Bedingungen in Österreich kämpften, wurden anschließend durch einen obskuren Schlepperei-Prozess delegitimiert, entrechtet, eingesperrt und letztlich abgeschoben [3]. Es werden Menschen zu „Kriminellen“, „Gewalttätern“, oder gar „Terroristen“ gemacht, die sich schlicht dafür einsetzen, Rechte zu genießen, die für Staatsbürger*innen Europas Selbstverständlichkeit sind. Margarete Pansel, die Sprecherin der Solidaritätskampagne, kommentiert:„Abschiebungen sind täglich durchgeführtes Unrecht. Sich dagegen zu wehren, ist menschlich und logisch. Daher fordern wir einen Freispruch für die Angeklagten.”
 
[2] parlamentarische Anfrage: 1681/AB XXVI. GP
 
Presse-Unterlagen und Kontakt:
Die Solidaritäts-Kampagne für die PAZ Hernals 6
freepazhernals6@riseup.net
Prozessberichterstattung auf prozess.report.